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Meldung vom: | Verfasser/in: Stephan Laudien | Zur Original-Meldung
Wie lassen sich neue Erkenntnisse aus der Chemie in einen lebendigen, spannenden Schulunterricht transferieren? Welche Chancen bietet die Digitalisierung für den naturwissenschaftlichen Unterricht? Es sind solche Fragen, mit denen sich Prof. Dr. Timm Wilke vorrangig beschäftigt. Der 32-jährige gebürtige Brüsseler ist neuer Professor für die Didaktik der Chemie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena – und er ist sichtlich mit Feuereifer bei der Sache. Schon als Kind habe er den Wunsch gehabt, Lehrer und Chemiker zu werden, sagt Wilke. Pate standen Chemiker in der Familie und das Startsignal gab wohl die Beschäftigung mit einem Set zur Zucht von Kristallen.
„Die Herausforderung ist es, spannende Themenfelder für die Schule so zu rekonstruieren, dass sie eine didaktisch tragfähige Brücke zwischen Spitzenforschung und Unterricht bilden“, sagt Timm Wilke. Noch würden Chemie und auch Physik den Ruf der unbeliebten Fächer haben, doch das müsse ja nicht so bleiben.
Schülerexperimente mit einfachen Materialien
Wie aktuelle Forschung in Schülerexperimenten mit einfachen Materialien nachvollzogen werden kann, demonstriert Timm Wilke am Beispiel der Nanotechnologie. Die Durchführung ist simpel: In die Metallhülsen von Teelichtern wird Gießharz aus dem Baumarkt gegeben und Aluminium-Nanopartikel eingerührt – nach einer Stunde Aushärten ist das Nanokomposit fertig. „Durch den Zusatz von Aluminium erhöht sich die Festigkeit der Probe um 40 Prozent“, sagt Timm Wilke. „Da sie gleichzeitig leicht und bruchfest sind, sollen Nanokomposite zukünftig die Grundlage für kraftstoffsparende Autokarosserien bilden“. Das passende Messgerät für die Bruchfestigkeit ist ebenfalls einfach aufgebaut, ein schlichtes Rohr genügt, in dem eine Metallkugel aus verschiedenen Höhen auf die Probe fällt.
Timm Wilke hat das Kunststück fertiggebracht, bereits mit 28 Jahren eine Stelle als Juniorprofessor für Fachdidaktik Chemie an der TU Braunschweig anzutreten – bevor er seinen Doktortitel erlangte. Die kurz darauf fertiggestellte Promotion mit dem Titel „Konzeptualisierung des Themas Nanotechnologie für den Chemieunterricht“ wurde 2017 mit „summa cum laude“ bewertet.
Rückmeldung aus den Schulen
Als Juniorprofessor in Braunschweig fand Timm Wilke noch die Zeit, an einem Gymnasium zu unterrichten: „Um neue Lehrmethoden zu entwickeln, brauchen wir immer die Rückmeldung aus den Schulen“, sagt er. Dabei sind Anregungen der Lehrkräfte ebenso willkommen wie die von Schülerinnen und Schülern. Aktuell ist das Carl-Zeiss-Gymnasium eine der Partnerschulen der Jenaer Chemiedidaktiker.
Der Wechsel von Braunschweig nach Jena fiel Timm Wilke leicht. Er lobt die guten Bedingungen, freut sich darüber, „wie stark die Chemie hier aufgestellt ist“. Gemeinsam mit seinen Doktoranden Nicolai ter Horst, Björn Bartram und Manuel Wejner arbeitet er aktuell an Instrumenten, um veraltete Messmethoden in den Klassenzimmern zu modernisieren. Das Team der Chemiedidaktiker hat eine digitale Messstation entwickelt, bei der verschiedene Sensoren mit einem Minicomputer verbunden sind. Auf einem Display lassen sich Werte wie Druck, Temperatur oder pH-Wert ablesen. Messungen mit pH-Papier oder Thermometer könnten also bald der Vergangenheit angehören. „Es ist der Versuch, klassische wissenschaftliche Analysemethoden in die Schulen zu bringen“, sagt Timm Wilke. Eingesetzt werden preiswerte Komponenten, so dass auch bei geringem Schulbudget ganze Klassensätze angeschafft werden könnten. Zugleich sind die Geräte über eine Cloud verbunden, so kann jeder Schüler in Echtzeit die Daten der Anderen anschauen, die Lehrer können eingreifen, wenn es Probleme gibt. Solche Geräte wären ebenfalls eine preiswerte Alternative in der Ausbildung von Studierenden, so Wilke.
Bierbrauer und Sportler
In seiner Freizeit verbindet der Neu-Jenaer chemische Kenntnisse mit einer uralten Kunst: Er braut Bier, gern mit Freunden oder Kollegen. In Braunschweig spielte er zudem Handball, Tennis und war aktiver Fußballer. Dazu kommt er derzeit in Jena noch nicht. Schon weil seine bald zweijährige Tochter den Vater gern in Beschlag nimmt.
Timm Wilke wurde in Brüssel geboren und besitzt die deutsche und die luxemburgische Staatsbürgerschaft. Aufgewachsen in Norddeutschland legte er das Abitur in Leer in Ostfriesland ab. Zum Studium der Chemie und Französisch auf Lehramt ging er nach Göttingen. Gastaufenthalte führten ihn u. a. ans Centre National de la Recherche Scientifique in Toulouse und ans Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik in Kiel.