Erdbeben (Mw8.8) im fernen Osten Russlands

Ein großes Erdbeben mit Magnitude 8.8 ereignete sich in der Nacht zum Mittwoch (Mitteleuropäische Sommerzeit) im fernen Osten Russlands. Das Epizentrum des Erdbebens lag vor der Küste der Halbinsel Kamtschatka.

Das weltweit stärkste Erdbeben seit 2011 ereignete sich in der Nacht zum Mittwoch (01:24 Uhr Mitteleuropäische Sommerzeit) im fernen Osten Russlands. Das Epizentrum des Erdbebens lag vor der Küste der Halbinsel Kamtschatka. Laut den Daten des US-Erdbebendienstes USGS erreichte das Beben eine Momentmagnitude (Mw) von 8.8. Damit war es nur geringfügig schwächer als das große Tohoku-Erdbeben am 11. März 2011 vor der Küste von Japan (Mw9.1), das aufgrund des zerstörerischen, bis zu 40 Meter hohen Tsunamis und der folgenden Zerstörung des Kernkraftwerks Fukushima Daiichi weltweit bekannt ist. 

Auch das Kamtschatka-Erdbeben löste einen Tsunami aus. Russische Behörden riefen Küstengebiete zur Evakuierung auf. Andere Pazifik-Anrainerstaaten sind ebenso betroffen. Das US Tsunami Warning Center warnte vor bis zu drei Meter hohen Wellen an Küstenabschnitten von Chile, Costa Rica, Ecuador, Französisch-Polynesien, Japan, Kiribati, Peru, den Salomonen und Samoa sowie in den US-Bundesstaaten Alaska, Hawaii und Kalifornien. Japanische Behörden erließen eine Evakuierungsanweisung für hunderttausende Menschen in bedrohten Bereichen entlang der Ostküste, wo die Japanische Meteorologiebehörde (JMA) mit bis zu 3 bis 4 Meter hohen Wellen rechnet. Der Tsunami wird sich im Laufe des Mittwochs über den Pazifik ausbreiten. Warnungen können im Laufe der Zeit an die Situation angepasst werden. Menschen in betroffenen Gebieten sollten den Anweisungen örtlicher Behörden folgen.

Zum Zeitpunkt der Textveröffentlichung hat der Tsunami die Küsten Russlands und Japans bereits erreicht. Nach ersten Meldungen wurden auf Kamtschatka und den südlich gelegenen Kurilen-Inseln Häuser und Straßen überschwemmt und Boote an Land gespült.

Offizielle Tsunami-Warnungen für JapanExterner Link

US Tsunami Warning CenterExterner Link (mit Warnungen für den gesamten Pazifik)

Das Erdbeben selbst führte zu schweren Schäden auf Kamtschatka. In der Regionalhauptstadt Petropawlowsk-Kamtschatski stürzten Gebäude ein und viele Menschen wurden verletzt. Aufgrund der sehr hohen Magnitude wurde das Erdbeben weltweit von nahezu allen seismologischen Stationen aufgezeichnet. Auch von den Seismometern des Thüringer Seismologischen Netzes (TSN) wurden das Hauptbeben sowie viele der starken Nachbeben aufgezeichnet. Die registrierten Bodenbewegungen in Thüringen lagen im Bereich von drei Millimetern. Für Menschen in Thüringen war das Erdbeben nicht spürbar. Seismometer sind um ein Vielfaches empfindlicher als die menschliche Wahrnehmung. 

Seismogramme von einzelnen Stationen des TSN. Zu sehen ist das Erdbeben aus Kamtschatka vom 29.07.2025.

Abbildung: Roman Esefelder

Warum gibt es vor Kamtschatka starke Erdbeben und Tsunamis?

Erdbeben entstehen in der Regel in den obersten 40 Kilometern der Erde. Dort befindet sich die Erdkruste, die in mehrere große und viele kleine Platten aufgeteilt ist. Diese Platten sind ständig in Bewegung, die oft gegensätzlich sind und so zu Reibung und Kollision führen, wodurch sich enormer Druck im Gestein aufbaut. Dieser Druck wird vor allem an den Rändern dieser Platten in Form von Erdbeben freigesetzt. Rund um den Pazifischen Ozean befinden sich die Regionen mit der weltweit höchsten Erdbebenaktivität. Kamtschatka sticht innerhalb dieser Region nochmals heraus. 

Hier kollidiert die Pazifische Platte mit einer Geschwindigkeit von rund 10 Zentimetern pro Jahr mit der kleinen Ochotskischen Platte, einem Randsegment der Eurasischen Platte. In einem Bogen, der sich von Japan bis nach Kamtschatka erstreckt, wird die Pazifische Platte unter die Eurasische Platte gedrückt. Der dabei entstehende Druck staut sich teilweise über Jahrzehnte auf, bis er sich in Form eines großen Erdbebens entlädt. Dann kommt es zu einer ruckartigen Bewegung um mehrere Meter, die in dieser Region meist unter dem Meer stattfindet. In diesem Fall wird auch das Meerwasser ruckartig versetzt und ein Tsunami entsteht. Neben der Stärke des Erdbebens beeinflussen noch andere Faktoren die Größe und Zerstörungskraft des Tsunamis.

Das Erdbeben am 30. Juli 2025 war das stärkste Erdbeben vor Kamtschatka seit 1952. Damals kam es an  gleicher Stelle nahe der Hauptstadt Petropawlowsk-Kamtschatski zu einem Erdbeben mit Magnitude 9.0. Während über die Auswirkungen des Bebens wenig bekannt ist, gilt der folgende Tsunami als einer der tödlichsten der jüngeren Geschichte. Rund 10.000 Menschen sind nach Angaben der NOAA Global Historical Tsunami Database in der damaligen Sowjetunion ums Leben gekommen. Zu Sachschäden kam es auch auf Hawaii sowie in Kalifornien, Peru, Papua-Neuguinea, Chile und Neuseeland. Die Informationslage in der damaligen Zeit war jedoch lückenhaft und offizielle Warnungen vor Tsunamis nicht existent.

Das Erdbeben 1952 wurde bereits von der damals existierenden seismologischen Station in Jena aufgezeichnet, damals noch analog und auf Papier geschrieben (siehe Foto). Diese Aufzeichnungen sind Teil des Seismogramm-Archivs der Universität Jena.

Analoges Seismogramm des Kamtschatka-Erdbebens von 1952.

Foto: Jens Skapski

Kann man vor großen Erdbeben warnen?

Es gibt keine Möglichkeit, um Ort, Zeitpunkt und Stärke eines Erdbebens präzise vorherzusagen. Somit sind auch im Vorfeld eines Erdbebens keine Warnungen möglich. Ausnahme hiervon sind Echtzeit-Warnungen wie in Japan, die ein Erdbeben erkennen, bevor es den jeweiligen Ort erreicht hat und so einige Sekunden Vorwarnzeit bieten. Die Erforschung früherer Erdbeben bietet zudem die Möglichkeit, das Risiko bestimmter Regionen zu erforschen. Da sich tektonische Prozesse, die zu Erdbeben führen, in menschlichen Zeiträumen kaum verändern, kann man annehmen, dass frühere Erdbeben an einem Ort auch in Zukunft wieder passieren werden, so wie nach 1952 nun 2025 in Kamtschatka. 

Einige große Erdbeben haben zudem Vorbeben, denen oft fälschlicherweise ein Frühwarncharakter zugeschrieben wird. Doch leider sind Vorbeben nicht von normalen Erdbeben geringerer Größenordnung zu unterscheiden. Erst durch das große Hauptbeben werden sie als Vorbeben erkennbar. So gingen auch dem Kamtschatka-Erdbeben teils starke Vorbeben voraus. Am 20. Juli kam es unmittelbar nördlich des späteren Hauptbebens zu einem Erdbeben mit Mw7.4 sowie drei weiteren mit Mw6.6 (USGS-Daten). Diese Erdbeben hatten zudem eine starke Serie von Nachbeben mit vielen über Magnitude 5. Dem Hauptbeben am 30 Juli folgten gemäß USGS-Aufzeichnungen bisher ein Nachbeben mit Mw7.0 und mehrere mit Mw>6.0. Nachbeben in dieser Größenordnung können Monate andauern. 

Information

Auswertung des United States Geological Survey (USGS)

Herdzeit: 29. Juli 2025, 23:24:50 UTC (30. Juli 2025, 01:24:40 MESZ)
Magnitude (Mw): 8.8
Herdtiefe: 21 km
Latitude: 52.530°
Longitude: 160.165°

Weitere Erdbebeninformationen (zur USGS-Website)Externer Link

Hinweis: Erdbebenauswertungen sind mit gewisser Unsicherheit verbunden, je nach Methode und Datenverfügbarkeit. Daher können die Ergebnisse anderer Erdbebendienste von denen des USGS abweichen. Zudem kann auch das USGS bei möglicher späterer Überarbeitung die Daten anpassen.