Analyse der seismischen Dämpfung im Schwarmbebengebiet Werdau

Geschäftszeichen: WE 2713/7-1 (DFG)

Projektbeschreibung

Numerische Simulation von Seismogrammen in Medien mit kleinskalige Heterogenitäten.

Abbildung: Ulrich Wegler

Das Erdbebenschwarmgebiet Westböhmen/Vogtland war und ist Gegenstand intensiver geowissenschaftlicher Untersuchungen. Wenig Beachtung fanden bisher jedoch andere kleine Schwarmbeben-Gebiete in der Umgebung dieser Hauptaktivitätszone sowie deren mögliche Verbindung zur Leipzig-Regensburger Störungszone. Im hier eingereichten Projekt schlagen wir vor, eine detaillierte Analyse des nördlichsten bekannten Schwarmbeben-Gebiets bei Werdau (West-Sachsen) durchzuführen. Ziel ist es, Unterschiede und Gemeinsamkeiten sowie mögliche Verbindungen zwischen beiden Schwarmbeben-Gebieten aufzuzeigen und letztlich unser Verständnis fluidinduzierter Seismizität in intrakontinentalen Gebieten zu verbessern.

Um die Fluide abzubilden, die als Ursache der Schwarmbeben vermutet werden, werden wir die 3D-seismische Dämpfungsstruktur des Werdauer Schwarmbeben-Gebiets mithilfe lokaler Erdbeben invertieren. In einem ersten Schritt werden wir die Theorie des Strahlungstransfers anwenden, um intrinsische Absorption und Streudämpfung zu trennen, die Frequenzabhängigkeit der Dämpfung zu analysieren sowie detaillierte Quellenspektren und frequenzabhängige Seismometer-Standortantworten zu invertieren. Zur Lösung der elastischen Gleichung des Strahlungstransfers werden wir erstmals einen verbesserten Monte-Carlo-Algorithmus anwenden, der in der Lage ist, intrinsische und Streudämpfung getrennt in unterschiedlichen Tiefen zu invertieren. Dafür werden wir einen der führenden bestehenden Algorithmen erweitern, um die Berechnung der Energieausbreitung in beliebigen tiefenabhängigen Geschwindigkeits- und Dämpfungsmodellen zu ermöglichen. Solche Algorithmen werden über dieses Projekt hinaus nützlich sein, um verlässliche 1D-Dämpfungsmodelle der Erdkruste zu gewinnen.

In einem zweiten Schritt werden wir eine 3D-Dämpfungstomografie für P- und S-Wellen durchführen, um Gebiete mit erhöhtem Fluidgehalt zu identifizieren. Die Kombination der beiden Methoden – Strahlungstransfertheorie und Dämpfungstomografie – ist ein weiteres technisches Ziel. Die jeweiligen Stärken der beiden Verfahren sollen erstmals gemeinsam genutzt werden, um eine optimierte Strategie für eine kombinierte Inversion zu entwickeln. Die Ergebnisse werden mit bestehenden Geschwindigkeitsmodellen (vP und vP/vS) verglichen und gemeinsam interpretiert. Solche Techniken zur Abbildung von Fluidbewegungen im Untergrund und deren gemeinsame Interpretation mit fluidinduzierter Seismizität werden auch über dieses Projekt hinaus eine bedeutende Rolle spielen – insbesondere im Hinblick auf die gesellschaftliche Relevanz in Bezug auf die technische Nutzung des Untergrunds und anthropogen induzierte Seismizität, etwa im Zusammenhang mit Geothermieanlagen, der CO₂-Abscheidung und -Speicherung sowie Hydraulic Fracturing.

 

Ulrich Wegler, Prof. Dr.
Professur Angewandte Geophysik
Raum H 205
Burgweg 11
07749 Jena Google Maps – LageplanExterner Link